Ein paar Worte zum Thema G8 und Energie

Zuerst wird solche Art von Energie gebraucht,
die die Macht ausschalten lässt!


Die Probleme der Energie (-Ressourcen, -Verbrauch, -Verteilung, -Nachhaltigkeit und -Wirkung auf die Umwelt) werden heute breit und lautstark diskutiert. Unter kritischen sozialen Bewegungen, wie auch innerhalb der herrschenden Instanzen. Auch innerhalb der G8-Clique. Ausgangspunkt mag sogar der gleiche sein, weil er auf einer Reihe von unabhängigen Alarm- Reporten basiert: es muss eine Veränderung der Energiesysteme stattfinden. Wer jedoch was damit meint, sind sehr differente Perspektiven. Dazu wollen wir hier einige Worte aus anarchistischer Sichtweise vermitteln, da diese sich oft stark von klassischen Auffassungen der ökologischen Bewegungen, von den Auffassungen der Herrschenden zu schweigen, unterscheidet.
Heutige Energie-Flüsse, Energie-Industrie und mit ihnen verbundene Profite, sind vielfältig zentralisiert. Diese Zentralisierung reicht von der technologischen Abhängigkeit heutiger Gesellschaften von der Öl-Industrie bis hin zum Fakt, dass der Großteil der globalen Energie in ein paar hochindustriellen Ländern verballert wird. Es muss hier klar gesagt werden: es sind gerade die G8-Länder, die einerseits die Öl-Gesellschaft in den letzten 40 Jahren gefördert und gleichzeitig das Energie-Desaster am stärksten produziert haben. Das scheinen ausreichende Gründe zu sein, um endlich eine Abrechnung zu machen. Und warum eigentlich nicht gleich in
Heiligendamm, vor laufenden Kameras … Eine Übertragung der Kontrolle über die globalen Energieprozesse aus Händen einiger US/Cowboys und russischen Oligarchen in die Hände einiger hundert Scheich-Familien und Chavez-Regierungen ist jedoch keine Lösung. Es ist bloß eine Verschiebung der Macht-Knoten. Der Großteil der heutzutage vorhandenen Energieprobleme (ungleicher Zugang und Verteilung, verschwenderischer Verbrauch, Unnachhaltigkeit und Umwelt-Desaster) werden damit in keiner
Weise gelöst.

Das anarchistische Verständnis von Umgestaltung des Umgangs mit Energie ist viel komplexer. Es gibt hier zwar verschiedene Ansätze, die sich jedoch relativ gut zusammenfassen lassen. Als Obergedanke kann hier das Streben nach der Erstellung und dem Erhalt vom Gleichgewicht des Wohlstands zwischen den einzelnen Menschen, der Gesellschaft und der Umwelt genannt werden. Das heißt: Der Umgang mit Energie darf keinem von diesen drei Subjekten schaden, bestenfalls muss er jedem Subjekt dienen. Da sich die Natur jedoch heutzutage in Gunst oder Ungunst von Menschen befindet, geht es also in erster Linie um eine soziale Auseinandersetzung, die gleichzeitig zu einem Wohlstand der Natur führt. Daher das auf gegenseitigem Respekt basierende Gleichgewicht des Wohlstands, welches zu einer permanenten Determinante aller sozialen Diskurse, Vereinbarungen und Regulationen in allen Gemeinschaften und überregionalen Zusammenhängen werden soll.

Dieser Obergedanke hilft, die konkreten anarchistischen Überlegungen (und gleichzeitig die Forderungen) besser zu verstehen. Im Zentrum dieser liegt die Frage der KONTROLLE ÜBER DIE ENERGIE. Diese soll kollektiv gestaltet werden. Jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, sich direkt in die Entscheidungsprozesse einzuklinken und ebenso direkten Zugang zu den Ressourcen zu haben.

Gleichzeitig geht es um DEZENTRALISIERUNG DER ENERGIESYSTEME und zwar gleichzeitig in verschiedenem Sinne. Erstens geht es um Dezentralisierung im Sinne der Vergesellschaftung des Zugangs und der Kontrolle über die Energie. Zweitens um eine geographische Dezentralisierung d.h. zurück zur regionalen Erzeugung der Energie mit vielfältigen Vorteilen, die diese mit sich bringt. Drittens um Dezentralisierung im Sinne von Vervielfältigung der Energiequellen, also das Ende der massiven Abhängigkeit von Gas and Öl.

Weiterer Leitgedanke ist der ÖKONOMISCHE UMGANG mit der Energie. Dieser wird gut mit folgendem Motto ausgedrückt: „verbrauch weniger Energie und verbrauch die verbrauchte effizienert“. Es ist zu betonen, dass das kollektive (also anarchistische) Nutzen der Energie, den Verbrauch automatisch effizienter macht, weil die anarchistische Forderung nach kollektiver Gestaltung der Arbeitsprozesse im Ganzen zusätzlich zur Senkung der allgemeinen Arbeitszeit fuehrt. Das wiederum führt dazu, dass die Menschen mehr Zeit in wissenschaftliche Projekte einbringen können. Welche Projekte? Zum Beispiel, um effizientere und ökologischere Art und Weisen von Produktion des Gutes zu entwickeln.

Dann geht es, nach dem Ansatz Gleichgewicht des Wohlstands, um eine UMWELTFREUNDLICHE ENERGIE. Damit kommt die Atomenergie, so wie jede Art von umweltschädlicher Energie, gar nicht in Frage. Das ist ein wichtiger Hinweis im Kontext der Forderung nach Vervielfältigung der Energiequellen. Also keine Atomanlagen nirgendwo: nicht in der BRD, nicht in den USA, nicht in Israel und auch nicht im Iran. Gleichzeitig allerdings, da die Debatte um die Braunkohleförderung gerade in Europa geführt wird: die ökologische Tendenz kann nicht die sozialen Aspekte komplett überlappen. Was heißt das? Das heißt, dass in diesen Regionen, in welchen heutzutage Kohle oder Öl gefördert werden, die Menschen eine gewisse Zeit brauchen, um eine Energie-Umstellung ins Ökologische zu verwandeln, ohne dass es dort zu einer sozialen Krise kommt. Diese Umstellungsprozesse, wie bereits erläutert, müssen von Unten gestaltet und gemeinsam kontrolliert und auf keinen Fall fremd von Oben bestimmt werden.

Als allerletzter, doch untrennbarer Teil des ganzen Konzeptes, steht das interregionale (und globale) Bewusstsein, KOOPERATION und GEGENSEITIGE HILFE in Bezug auf globalen Energie-Austausch. Es gibt keinen Platz für Wettbewerbsverhaltensweisen in einer freien (anarchistischen) Gesellschaft. Die Energiekrisenregionen werden solidarisch, d.h. ohne Gegenleistungserwartungen, unterstützt. Globales und inter-regionales Bewusstsein und Kooperation sind genauso Bestandteile des Kampfs gegen die Unterdrückung, wie die alltäglichen sozialen Verhältnisse.

Dass viele von diesen Ideen heutzutage nicht verwirklichbar sind, ist jedoch eine Frage, die uns zurück auf die G8-Proteste leitet. Es gibt natürlich Lobbys, die unglaubliche Mengen von Geldern und Macht durch die Kontrolle über die Energie-Systeme verdienen. Die gleichen Lobbys oder ihnen ähnliche fangen schon heute an, großes Geld mit den modernen ökologischen Energie-Systemen zu machen. Wie ist das möglich? Ganz einfach: eine Umgestaltung des Energiesystems von einem zum anderen (auch wenn nachhaltiger und ökologischer) ändert kaum was am ungleichen Zugang zu der Energie, solange die oben genannten Forderungen auch nicht durchgesetzt werden. Vor allem geht es um Vergesellschaftung der Kontrolle über die Energie und um die vielfältige Dezentralisierung der Energiesysteme. Jedoch werden die Energie-Lobbys ihre Kontrolle nie freiwillig abgeben wollen. Diese Lobbys haben zwar viel zu sagen bei solchen G8-Gipfeln, doch eher aus der Entfernung.

Was gebraucht wird ist daher ein Kampf, der sich nicht nur gegen G8 richtet sondern auch gegen alle Monopolisten und gegen diejenigen, die das Eigentum auf allgemeinem Gut beanspruchen.

Es wird also bei der Energie-Frage zuerst solche Art von Energie gebraucht, die die Macht ausschalten lässt!

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Veronika
April 2007

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